Der wissenschaftliche Aspekt der Nasenatmung
Über den Messenger kontaktieren mich gerne Weggefährten, ob ich hilfreiche Tipps kenne, wie sie das Ausatmen über die Nase besser hinkriegen können?! Das Einatmen über die Nase sei weniger das Problem. Andere erzählen mir mir, dass es sie irgendwie nicht hinkriegen bei längeren Wegstrecken und beim Ausatmen nichts anderes als die Lippenbremse einfällt. Fangen wir mit Letzerem an. Die Lippenbremse mag eine Hilfe und eine Erfindung unserer westlichen Schulmedizin sein. In fernöstlichen Medizinlehren, die das wissenschaftliche Atemstudium seit Jahrtausenden lehren, spielt sie keine Rolle. Sie bringt uns dem Ziel, mehr Sauerstoff für längere Strecken wie ein Gesunder zu haben, nicht wirklich näher. Mit Lippenbremse sind lange Spaziergänge eine Tortur. Zumindest bei allen, die an mittel- und schwergradiger COPD erkrankt sind.
Der alles entscheidende Unterschied
Mit den denkbar schlechtesten Voraussetzungen von gerade mal 201Prozent FEV1 hat sich im Juli 2020 ein Gruppenmitglied auf meinen Weg gemacht. Sie bat mich, mit mir in Kontakt bleiben zu dürfen. Selbstverständlich sicherte ich ihr das zu. Bis zu jenem Zeitpunkt bekam auch sie jährlich regelmässig Antibiotika verordnet, weil sie von Infekten nicht verschont blieb. Dem Vorschlag, das Immunsystem zu stärken, kam sie nach. Anfangs quälte sie sich auf dem Ergometer, Atemnot hielt sie ab, längere Zeit zu trainieren. Trotzdem machte sie weiter. Tag für Tag etwas länger. Es ging aufwärts. Dann der Rückfall. „Nichts wird besser“, schimpfte sie im Messenger. „Kenne das Gefühl zu gut“, schrieb ich tröstend zurück und bat sie durchzuhalten. Einfach weiter machen. So wie Uwe COPD treffend verglichen hat mit dem Filmhelden Forrest Gump. Einfach laufen.
Und jetzt 7 Monate später schrieb sie freudig, dass sie infektfrei durch den Wintergekommen sei und ihr FEV1 auf 26% gestiegen ist und sie täglich Kilometer auf dem Ergometer schaffe.
Der biochemische Aspekt der Nasenatmung
Den meisten Sauerstoff nimmt der Körper mit der Nasenatmung auf. Gut 10 % mehr. Die Sauerstoffversorgung wird besser. Nur über die Nase steht mir ein Helfershelfer zur Verfügung. Das Gas Stickstoffmonoxid. Ein Tausendsassa. Hochgefährlich und gleichzeitig lebensnotwendig. Noch nicht lange erforscht von der Wissenschaft.
Erst durch dieses Gas, das in den Nasennebenhöhlen bestimmte Enzyme bildet, wird der Sauerstoff in die Lungen transportiert. Dort angekommen, fördert es Lungenbläschen, welche mehr Sauerstoff ins Blut aufnehmen können. Stickstoffmonoxid beeinflusst die Blutplättchenfunktion, das Immunsystem und Nervensystem. Weiterhin spielt es eine wichtige Rolle in der Homeostase und der Mitochondrienfunktion. Es wird auch an anderen Stellen im Körper produziert, doch am meisten tragen die kleinen Mengen bei, die auf dem Weg durch die Nase in die Lunge transportiert werden. Deshalb setzen TCM Mediziner auf Nasenatmung
Ausserdem werden Pollen, Bakterien, Krankheitskeime und Viren abgefangen in den feinen Flimmerhärchen der Nase. Der Körper kann sich besser gesund erhalten. Die Nase wärmt die eingeatmete Luft an und stimuliert überdies das Nervensystem. Wir werden ruhiger und ausgeglichener.
Ohne Nasenatmung hat die mittel- und schwergradige COPD keine Chance
Treppen mühelos zu überwinden oder lange spazieren zu gehen, geht nur mit Nasenatmung. Auch für längere Spaziergänge, besonders wenn es dann noch in leichte Steigungsstrecken übergeht, braucht der Körper viel mehr Sauerstoff. Bei einem Gesunden kein Problem, bei der COPD Lunge eine große Schwierigkeit. Der Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid ist im Ungleichgewicht, erst recht, wenn über den halboffenen Mund geatmet wird. Das ist ein Faktum. Es gibt keine andere Möglichkeit als über die Nasenatmung den Gasaustausch zu regulieren. Deshalb der brutal anmutende Tipp meiner Atemtherapeuten: „ Den Mund mit Heftpflaster diagonal verkleben“. Es ist und bleibt das beste Hilfsmittel und das Einzige.
Die Nachteile der Mundatmung
Mundatmung setzt kein Stickstoffmonoxid frei. Es trifft die kalte Luft im Winter und oder die Pollenluft auf die Körperpolizei der Mandeln und macht sich auf direktem Wege dann weiter in die ungeschützten Bronchien und die Lungen. Infekt sind vorprogrmmiert. Mundatmung während des Schlafes kann zu Schnarchen und Schlafapnoe und zu Atemunterbrechungen führen. Obstruktive Schlafapnoe steht im Verdacht, zu Herzversagen, Bluthochdruck und Alzheimer beizutragen. COPD Patienten können über den Mund viel weniger Sauerstoff einatmen, werden viel schneller kurzatmig, bei jeder Anstrengung sind sie allgemein schneller erschöpft und müde. Wer mutig ist, zwingt seinen Körper auch während des Schlafes durch ein Heftpflaster den neuen Automatismus der Bauchatmung anzunehmen.
Vorteil des langen Ausatmens über die Nase
Verbrauchte Gase werden mit dem „verlängerten Ausatemzug“ ( mind. 4 Sekunden ) schneller aus dem Körper katapultiert. Der Kohlendioxidgehalt des Blutes wird reduziert. Die Sauerstoffsättigung steigt. Das längere Ausatmen kostet Kraft. Die muss man aufbauen. Täglich. Die Übung mit der Kerze aus meinem Beitrag „Phänomen COPD“ übt die Bauchmuskulatur. Daran denken, dass das Zwerchfell unser stärkster Muskel ist. Man sollte solange Ausatmen bis man „ Lufthunger“ ( der Wunsch, endlich wieder atmen zu können ) verspürt. Durch das längere Ausatmen wird ein Druck auf die Lunge ausgelöst, das regt die Lungenbläschen an und löst einen neuen Atemzyklus aus. Das lange Ausatmen hat noch weitere positive Auswirkungen auf die inneren Organe wie Herz, Leber, Mild Niere. Dazu mehr im 2. Teil in der ersten Märzwoche 2021.